Queenie träumt

von Hubert Breig [Tinnunculus 13/2001]

 

Nach 37 Jahren praktischer Beizjagd hatte ich eigentlich alles erlebt, was ein Falknerherz höher schlagen lässt. Nur einen Traum hatte ich noch: Schottland.

 

Christian Saar wollte ihn mir erfüllen. Er lud mich 1993 ein, mit ihm und Steven Frank zusammen ganz im Norden Schottlands bei Strathy auf Moorhühner zu jagen. Ich flog zu dieser Zeit einen guten Anwarterterzel, den Bruder von Christians „Pip“.

 

Christian fuhr 14 Tage vor mir los, holte meinen Terzel bei Roger Upton ab, wo er zur Quarantäne stand, jagte ihn ein und beizte mit ihm die ersten Grouse. Es schien alles vorbereitet, um mir meinen Traum zu erfüllen.

 

Doch der Traum wurde zum Alptraum: Zwar begann alles optimal, denn schon am ersten Jagdtag beizte ich mit „Max“ mein erstes Grouse. Aber bereits am dritten Tag verlor ich ihn. Er kam auf tragische Weise in Schottland ums Leben. Ich war fix und fertig. Am liebsten wäre ich gleich wieder heimgefahren, doch Christian und Steven kümmerten sich rührend um mich. Sie versuchten alles, um mich wieder etwas aufzuheitern. Steven bot mir sogar an einen seiner Falken zu fliegen! So blieb ich in Schottland, erlebte herrliche Jagdtage, aber glücklich war ich nicht.

 

Selten kommt ein Unglück allein. Auf der Rückfahrt hatte ich eine Autopanne, 5 Tage Zwangsurlaub in Inverness bei -2Grad. Das war frustrierend. Um die Zeit totzuschlagen, besuchte ich mindestens sechsmal das Naturkundemuseum, obgleich es dort kaum etwas zu sehen gab. Ich machte ausgedehnte Wanderungen in und um Inverness, ich ging sogar zu Fuß zu den immerhin 12 Kilometer entfernten Schlachtfeldern von Culloden, auf denen 1746 die Schotten eine vernichtende Niederlage gegen die Engländer erlitten hatten. Doch wie erwähnt, bei minus 2 Grad ist Inverness frustrierend. Als ich am Sonntagmorgen zähneklappernd am Hafen stand und aufs Meer schaute, wurde ich von einer Schottin mit der Bemerkung, ihr Bett zu Hause wäre sicherlich noch warm, zum Mitgehen eingeladen. Ich gestehe, die Versuchung war groß, obgleich die Schottinnen nicht gerade wegen ihrer Schönheit bekannt sind. Doch ich widerstand der Versuchung und wärmte mich stattdessen in einer Kirche auf. Dort konnte ich auch meinen verwerflichen Gedanken Abbitte leisten. Und siehe da, ich wurde erhört, denn nach dem Gottesdienst wurde ich mit den übrigen Besuchern zum Tee eingeladen. Danach war ich wieder einigermaßen aufgewärmt.

 

Nach fünf Tagen ging es endlich heim, zum Glück hatte ich die Fähre von Hull nach Rotterdam umbuchen können. Doch der Traum von Schottland war vorerst ausgeträumt.

 

 

Vier Jahre später: Anläßlich einer Geburtstagsfeier lud mich Gilles Nortier ein, im Herbst mit ihm nach Schottland zu gehen. Er bot mir an, dort einen seiner Falken zu fliegen, da ich meinen Terzel an Christian Saar für die Zucht gegeben hatte. Der Besatz an Rebhühnern und Fasanen war auch bei uns so drastisch zurückgegangen, dass an ein Bejagen nicht mehr zu denken war.

 

 

 

Weiterlesen …

Von einem, der auszog, ein Karnickel zu beizen

von Kuno Seitz [Tinnunculus 17/2003]

 

1994 durfte ich unseren Landesverband zum ersten Mal auf einer Ordenstagung vertreten. Das wollte gut vorbereitet sein und so zog es mich in diesem Jahr besonders häufig in den Berliner Tiergarten.

 

Vor allem an schönen Herbsttagen, wenn die Sonne noch einmal ihr Letztes gab, herrschte dort nachmittags ein munteres und buntes Treiben von Radfahrern, Joggern, Touristen, Kindern, Müttern und Vätern mit und ohne Kinderwagen und Hunden aller Größen und Rassen, die sich ungeniert ohne Leine tummelten. Es wurde gegrillt, gefeiert und gespielt. Die Kaninchen zogen es vor, unter Tage zu bleiben, sodass ich mich mehr der Beobachtung der menschlichen Gesellschaft zuwandte. Eine nicht mehr ganz junge Frau fiel mir besonders auf, in der ich eine Opernsängerin vermutete, der die Nachbarschaft zu Hause per einstweiliger Verfügung das Üben verboten hatte. Regelmäßig durchstreifte sie den Park, machte unvermutet schrille Stimmübungen oder trällerte Arien. Eine Hand war immer in der Manteltasche vergraben, wo sie vermutlich ein Tränengasspray umklammerte. Den höflichen Gruß, den ich ihr entbot, nachdem ich sie das dritte Mal getroffen hatte, ignorierte sie – ganz Diva - hochmütig.

Wahrscheinlich hielt sie ihn für plumpe Anmache. Trotzdem wäre ich ihr ritterlich beigesprungen, als ein feister, etwas schmuddelig aussehender Mann in einem grauen Jogginganzug vor ihr herumsprang. „Pfui, Sie Ferkel“, hörte ich sie empört schimpfen, aber ehe ich die Sachlage durchschaut hatte, war der Exhibitionist flink wie ein vom Habicht angejagtes Karnickel in den Rhododendren verschwunden.

 

 

Weiterlesen …

Die Volkskiste

von Kuno Seitz und Johann Klöpper [Tinnunculus 41/2015]

 

Präludium: Die Geburt der Habichtskiste aus dem Geist der Musik

 

Im Russischen gibt es die Menschen mit „goldenen Händen“ (zolotye ruki), das sind solche, denen handwerklich alles gelingt und flott von der Hand geht. Ich gehöre nicht dazu. Trotzdem oder gerade deswegen reizt mich immer wieder die Herausforderung, mit meiner Hände Arbeit etwas Konkretes zu erschaffen. Ich weiß nicht warum, aber die Habichtskiste ist für mich zu einer Obsession geworden. Sitze ich im Konzert oder in der Oper schweifen meine Gedanken unwillkürlich zum Bau der Kiste. Während z. B. bei Wagners Tannhäuser sich die Gedanken der Frauen und Männer um mich herum zum Erhabenen emporschwingen oder gar im Nirwana auflösen, treiben mich unwillkürlich Baupläne für eine ultimative Transportkiste um. Man mag das als trivial abtun, ich sehe mich aber hier in der Nachfolge des großen deutschen Romantikers Novalis: „Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, romantisiere ich es." Dieses Zitat ist in Bezug auf die Transportkiste selbsterklärend, daher verzichte ich auf eine Erläuterung.

 

Während die Geigen schluchzen und korpulente Sopranistinnen ihr Bestes geben, dreht sich in meinem Kopf alles um Winkel, Schrauben, Stifte, Stichsägen und Akkuschrauber. Vor meinem geistigen Auge entsteht das Ideal der leicht zu reinigenden, platzsparend zusammenklappbaren Ziehharmonika-Kiste. Obwohl ein großartiger, um nicht zu sagen genialer Einfall den anderen jagt, ist mir dieser große Wurf allerdings noch nicht gelungen, da mir zum Ende der Veranstaltung die Erinnerung geschwunden ist oder sich bei der Ausführung praktische Hemmnisse entgegenstellen. Immerhin habe ich nach dem Besuch von „Hoffmanns Erzählungen“ die Duett-Kiste geschaffen, bei der die Bodenplatte mitsamt der Sitzgelegenheit in eine Holzschiene eingeschoben war und sich zur Reinigung herausnehmen ließ. Leider aber quollen und platzten die beschichteten Spanplatten beim Reinigen mit Wasser auf, sodass das Ganze in recht kurzer Zeit unansehnlich war und auch nicht mehr richtig funktionierte.

Dieser Misserfolg brachte mich dazu, mich mit kleineren Brötchen zufriedenzugeben. Bei meinem Falknerfreund Lothar Wenzel sah ich eine Kiste aus Kunststoff, die mich sofort begeisterte. „Lebensmittelecht und mit dem Kärcher zu reinigen,“ versicherte mir Lothar stolz. Ich ließ mir den Bau erklären.

 

Weiterlesen …

Ein arabischer Nachmittag in Westfalen

von Wolfgang Reuter [Tinnunculus 1/2011]

 

Durch einen Zufall lernte ich Hussein aus Dubai in Aachen bei einem LKW-Händler kennen.

Wir, mein Jagdfreund Thomas und ich, suchten für Thomas einen neuen LKW, da wir vor unserem Termin im Autohaus noch mal eben eine Krähe gebeizt hatten, stand Else, mein Wanderfalke im 8 Flug, verhaubt und mit gespannten Kropf in meinem Auto.

Während wir noch die angebotenen Fahrzeuge verglichen sprach mich der Partner des Händlers, ein Syrer, an und fragte mich geradewegs, was der Falke denn kosten solle, den er gerade in meinem Auto entdeckt hatte. Meine Antwort auf diese Kaufanfrage, dass wohl der gesamte LKW-Bestand nicht ausreiche, um diesen Falken zu bezahlen, sorgte für allgemeine Erheiterung.

Der Händler stellte mir dann aber seinen Kunden, einen jungen Mann vor, der sich als Hussein aus Dubai vorstellte und mir sogleich  Bilder seiner Falken auf seinem Handydisplay zeigte.

Wie sich herausstellte, weilte Hussein mit einer größeren Gruppe in Aachen, deren einzelne Mitglieder im Klinikum Aachen medizinisch behandelt wurden. Da mir der junge Mann auf Anhieb sympathisch war, lud ich Ihn für den folgenden Samstag zur Krähenbeize in einige Reviere ein, die wir auch bei unserer  Krähentagung in Hambach nutzen.

 

Weiterlesen …

Добро пожаловать в Россию! Willkommen in Russland!

von Julia Kramer [Tinnunculus 40/2014]

 

Durch einen Besuch von Freunden in Moskau hatte ich durch eine liebe Falknerin, die ich bis dato nur per E-mail Kontakt kannte, die Möglichkeit, zwei Tage in der Umgebung von Moskau beizen zu gehen. Leider war es genau in dieser einen Woche im Juli sehr heiß, so hatten wir tagsüber über 33 Grad. Die Wahl der geeigneten Stunden zum Beizen fiel daher recht leicht und so verabredete ich mich mit Natalia um 4 Uhr morgens.

 

Sie war pünktlich und holte mich mit ihrem Lada Niva ab. Ihr Sperber saß verhaubt auf einer kleinen Reck im Kofferraumbereich, der Hund in der Transportkiste daneben. Als kleines Willkommensgeschenk hatte sie mir eine Haube für einen Habicht angefertigt - wirklich tolle Arbeit! Ich hingegen hatte ihr eine kleine Studie ihres Sperbers angefertigt, worüber sie sich sehr freute. Wir fuhren los in ein Gebiet ca. 70 km von Moskau entfernt. Leider war während der Fahrt Reden aufgrund des lauten Motors fast nicht möglich.

 

Weiterlesen …

DJV- Tagung in Erfurt am 27./ 28.9. 2014 mit Beteiligung des DFO „Artenvielfalt im Agrarraum - Zukunft oder Illusion“

von Johannes Kuth [Tinnunculus 41/2015]

Als Folgeveranstaltung der DJV- Artenschutztagung 2013 im Jagdschloss Kranichstein/Darmstadt, die bereits unter Mitwirkung des DFO und auch vielköpfiger Beteiligung von DFO-Mitgliedern in Zusammenarbeit mit der FACE und der Game-Conservancy Deutschland erfolgreich durchgeführt wurde, fand im September bei herrlichem Spätsommerwetter in Erfurt /Thüringen das Folgesymposium statt. Ausrichter war der DJV zusammen mit dem zuständigen LJV Thüringen in der Landeshauptstadt Erfurt, wobei der DFO als Mitveranstalter die Ausrichtung der Tagung finanziell und ideell unterstützt hat. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Referentin für Jagd- und Forstwirtschaft des DJV Frau Dr. Astrid Sutor, der es gelungen war, ein sehr interessantes und abwechslungsreiches Programm mit hervorragenden Referenten zusammenzustellen.

 

Weiterlesen …

Grenzgänger 1982: Kaffeefahrt mit Sperberkiste

von Lothar Wenzel [Tinnunculus 30/2009]

Der Anruf kam überraschend. Um halb eins zu nachtschlafender Zeit klingelte das Telefon und aus dem Hörer schallte eine jung klingende Frauenstimme, die unvermittelt, ohne sich mit Namen vorzustellen, fragte: „Vermissen Sie nicht irgendetwas?“ Obwohl das Zeitalter der Telefonsexakquise 1982 noch nicht eingeläutet war, war ich drauf und dran unwirsch zu werden oder gleich aufzulegen, als mir plötzlich durch den Kopf schoss, dass mir vor zwei Tagen tatsächlich etwas nicht Unwesentliches auf unerklärliche Weise abhanden gekommen war. Mein Jungsperber, vor einer Woche beim Züchter Karl Dorschner in Bayern erworben, nach langer Autofahrt glücklich nach Hause gebracht, war zwei Tage zuvor von seiner Rundreck auf dem Balkon in Berlin-Gropiusstadt spurlos verschwunden. „Mein Sperber ist seit zwei Tagen weg..“ „ Sehen Sie, da kann ich Ihnen weiterhelfen“, unterbrach mich die Frauenstimme, „ich bin die Tochter von Herrn Busse“.

 

Weiterlesen …

Von Murphy zu Eddy - Der erste Habicht eines Harris-Hawkers

von Thomas Kühn [Tinnunculus 40/2014]

Als sich vor gut fünfeinhalb Jahren meine berufliche Situation grundlegend zum Positiven entwickelte und ich somit auf lange Zeit Planungssicherheit hatte, nahm ich endlich allen Mut zusammen, mich der Faszination Falknerei nun auch praktisch zu widmen. Ein Entschluss stand nach jahrelangem Durchwälzen der einschlägigen deutsch- und englischsprachigen Fachliteratur und nach Gesprächen mit Falknern in meinem damals noch überschaubarem Jagdbekanntenkreis fest: Da aufgrund der Landschaftsstruktur in meiner Heimat die Falkenartigen nicht in Frage kamen, konnte mein erster Vogel nur ein Harris Hawk sein! Der ideale Vogel für den Anfänger, ein Allrounder für Flug- und Haarwild, sanft im Gemüt, mit Nerven wie Drahtseile, zu schier unglaublichen Manövern im Stande, der Exot, der die komplexe alte Kunst revolutioniert und scheinbar simplifizierte – klang gut und las sich toll...

 

Weiterlesen …

Von Falken und Flugzeugen

von Wolfgang Reuter [Tinnunculus 39/2014]

Im Sommer und Frühherbst 2012 flog ich für einen Jungfalkner einen jungen Habichtsterzel auf Krähen ein. Durch die freundliche Vermittlung meines österreichischen Freundes Kurt Fessler lernten wir dann den Habichtszüchter und Falkner Franz Forcher kennen.Franz lebt mit seiner sehr netten Familie in der Steiermark und betreibt die Falknerei, speziell das Fliegen von Habichten auf Krähen,  auf  hohem Niveau. Franz kann man falknerisch durchaus als „positiv bekloppt“ bezeichnen, wenn man als Außenstehender seine Einstellung, seinen Einsatz und vor allen Dingen seine neuen Ideen bei der Beize auf  Krähen betrachtet...

 

Weiterlesen …

Beize mit Kontrastprogramm oder ein Spiegel unserer Gesellschaft

von Walter Bednarek [Tinnunculus 37/2013]

Billerbeck ist vielen DFO-Mitgliedern durch die internationale Falkner-Tagung 2008 bekannt. Alle Teilnehmer werden sich sicher daran erinnern, wie freundlich wir auch von der nichtjagenden Bevölkerung aufgenommen wurden und welchen großen Zuspruch insbesondere die Falkner erhielten. Man denke nur daran, wie überfüllt der Billerbecker Dom bei der Hubertusmesse war. So viele „Kirchgänger“ hatte die Probsteikirche lange nicht gesehen...

 

Weiterlesen …